Europäisches Institut für Stillen und Laktation

Human milk-based Human Milk Fortifier (HMHMF) als Spezialllösung für gefährdete Frühgeborene

Anlage zum Newsletter Januar 2018

Human-Based Human Milk Fortifier as Rescue Therapy in Very Low Birth Weight Infants Demonstrating Intolerance to Bovine-Based Human Milk Fortifier
Sandhu Amanjot, Fast Sharla, Bonnar Kari, Baier Ronald John, and Narvey Michael. Breastfeeding Medicine 2017 12 9 , 570 -573. https://doi.org/10.1089/bfm.2017.0017

Frühgeborene sind besonders anfällig für Magen-Darm-Erkrankungen und haben ein erhöhtes Risiko für NEC, eine schwere Darmschädigung. Schon länger ist bekannt, dass das Risiko für NEC durch eine ausschließliche Ernährung mit Muttermilch oder menschlicher Spenderinnenmilch gemindert werden kann und dass eine ausschließlich auf menschlicher Milch basierende Ernährung für Frühgeborene noch weitere Risiken reduziert (siehe hierzu mehrere Studien der letzten Jahre, z.B. → hier, → hier, → hier, → hier, → hier und → hier).
Gleichzeitig benötigen viele Frühgeborene zumindest zu Beginn eine Anreicherung der Muttermilch, die ihrem erhöhten und besonderen Nährstoffbedarf Rechnung tragen soll. Üblicherweise geschieht dies durch spezielle Fortifier (z.B. das bekannte FM85), die jedoch ihrerseits aus Kuhmilch hergestellt werden, was zu einer Erhöhung des NEC-Risikos führt.

Bereits seit einigen Jahren ist ein Fortifier auf dem Markt erhältlich, der nicht aus Kuhmilch, sondern aus Frauenmilch hergestellt wird. Die Verwendung solcher Fortifier sollte aufgrund der positiven Ergebnisse (siehe obige Studien-Links) Standard sein und wird in einigen wenigen Neonatologien im deutschsprachigen Bereich bereits erfolgreich eingesetzt (z.B. Universitätsklinik Innsbruck). Häufig wird diese Vorgehensweise jedoch leider aus Kostengründen nicht flächendeckend unterstützt.
Eine aktuelle Studie aus Kanada versuchte sich an einem Kompromiss: die Frühgeborenen der beiden Neonatologien in Winnipeg erhielten zunächst Muttermilch, die mit den üblichen kuhmilchbasierten Fortifiern angereichert war. Sollten sie jedoch bestimmte gastrointestinale Reaktionen zeigen, die auf eine Vorstufe des NEC hindeuten und die nach Unterbrechung und Wiederaufnahme der Anreicherung mit kuhmilchbasiertem Fortifier erneut auftraten, wurden sie auf den humanmilchbasierten Fortifier (HMHMF) umgestellt.

Die Ergebnisse zeigten, dass bei diesen Kindern ein NEC abgewendet werden konnte und nach Umstellung auf HMHMF keine weiteren Symptome auftraten. Die Forscher schlagen daher vor, auch auf Stationen, die HMHMF nicht flächendeckend einsetzen können, damit zu arbeiten, wenn Frühgeborene erkennbare Warnzeichen zeigen.

Schwächen der Studie liegen darin, dass es eine retrospektive Studie mit einer sehr kleinen Probandenzahl ist. Insgesamt bleibt zu hoffen, dass vermehrt Studien zu den Auswirkungen des HMHMF im größeren Stil erfolgen, um diese wichtige Möglichkeit zum Standard werden zu lassen.

Die Studie ist vollständig im Original (englisch) → hier abrufbar.

© Januar 2018, Anja Bier (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation

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