Stillen fördern

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Influence of intrapartum maternal fluids on weight loss in breastfed newborns
Giudicelli M, Hassler M, Blanc J, Zakarian C, Tosello B. J Matern Fetal Neonatal Med. 2022 Feb;35(4):692-698. https://doi.org/10.1080/14767058.2020.1731453
Intravenous fluid rate for reduction of cesarean delivery rate in nulliparous women: a systematic review and meta-analysis
Ehsanipoor RM, Saccone G, Seligman NS, Pierce-Williams RAM, Ciardulli A, Berghella V. Acta Obstet Gynecol Scand. 2017 Jul;96(7):804-811. https://doi.org/10.1111/aogs.13121
Intravenous fluid rate of 250 mL/h versus 125 mL/h in nulliparous women: A systematic review and meta‐analysis of randomized controlled trials
Imran M, Kamran A, Fakih N, Afyouni A, Naguib MM, Saleh AO, Abdullah L, Arshad S, Mouffokes A, Abuelazm M. Int J Gynaecol Obstet. 2024 May;165(2):621-633. https://doi.org/10.1002/ijgo.15198
The association of intrapartum IV fluid rates during labor with birth weight
Anisman E, Ehsanipoor RM, Saccone G, Berghella V. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 2025 Apr;307:268-270. https://doi.org/10.1016/j.ejogrb.2025.02.040
Gewichtsabnahme des Neugeborenen bei erhöhter mütterlicher peripartaler IV-Flüssigkeitszufuhr
Bereits seit 2004 gab es in Studien Hinweise darauf, dass eine erhöhte mütterliche IV-Flüssigkeitszufuhr unter der Geburt ein Risiko für einen verstärkten Gewichtsverlust des Neugeborenen in den ersten Tagen darstellt. Wir berichteten über diese Problematik 2011, 2014 und 2018: → Einfluss der Sectio-Entbindung auf das Geburtsgewicht (2018)
Die etablierten Empfehlungen zum Gewichtsverlauf von gesunden reifen Neugeborenen (WHO, ILCA) lauten: bis zu 7% Gewichtsverlust in den ersten Tagen werden als physiologisch beurteilt. Eine höhere Gewichtsabnahme führt zunächst zu einem Überprüfen des Stillmanagements und dem Ergreifen von geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung der Kalorienzufuhr (z.B. durch manuelle Kolostrumgewinnung), ohne künstliche Säuglingsnahrung zu füttern. Das Erreichen der Grenze von 10% Gewichtsverlust stellt normalerweise die Indikation zur medizinischen Zufütterung von künstlicher Säuglingsnahrung dar.
Ein Problem entsteht, wenn durch hohe mütterliche IV-Flüssigkeitszufuhr das noch ungeborene Kind unter der Geburt ebenfalls mit einer erhöhten Flüssigkeitsmenge konfrontiert wird und anschließend mit einem gewissermaßen „verfälschten“ Geburtsgewicht zur Welt kommt. Die überschüssige Flüssigkeit wird meist innerhalb der ersten 24 Stunden durch erhöhte Urinausscheidungen kompensiert – was jedoch bei korrekter Anwendung der obigen Empfehlungen zum Gewichtsverlauf zu einer verfrühten Sorge und sogar unnötiger Zufütterung führen kann, obwohl der hohe Gewichtsverlust nicht auf ein mangelndes Stillmanagement bzw. fehlende Kalorienzufuhr zurückzuführen ist, sondern auf das „verfälschte“ Geburtsgewicht.
Die Konsequenz aus diesen Erkenntnissen führt zu zwei Wegen, dem Problem zu begegnen:
1. Im peripartalen Kontext versucht man, IV-Flüssigkeitszufuhr möglichst zurückhaltend einzusetzen
2. Auf der Wochenbettstation werden Kinder von Müttern mit erhöhter peripartaler Flüssigkeitszufuhr als "Zu beobachten" markiert und die Basis, von der aus die 7%- und 10%-Marken berechnet werden, ist nicht das Geburtsgewicht: stattdessen kann ein 12 Std. postpartum oder sogar 24 Std. postpartum erhobenes Gewicht als Ausgangsgewicht dienen.
In vielen Kliniken werden beide Strategien in der Zwischenzeit erfolgreich angewendet.
Beeinflussung der Entbindung durch IV-Flüssigkeitsgabe
Nun gibt es allerdings weitere Erkenntnisse, die ein neues Problem schaffen:
2017 zeigte eine → Meta-Analyse von Ehsanipoor et al., dass bei einer IV-Durchflussrate von 250 ml/Std. im Vergleich zu einer Durchflussrate von 125 ml/Std. das Risiko für eine Sectio-Entbindung sinkt und dass zugleich die Dauer der vaginalen Geburten verkürzt wird. Mehr IV-Flüssigkeit scheint also einen positiven Einfluss auf die Entbindung zu haben.
Diese Ergebnisse wurden 2023 in einer erneuten → Meta-Analyse von Imran et al. bestätigt.
Somit sind geburtshilfliche Abteilungen hier mit einem Dilemma konfrontiert, was zu einigen Diskussionen führte.
Aktuelle Studie scheint auf den ersten Blick negativen Einfluss der IV-Flüssigkeitsgabe zu widerlegen
Eine im Frühjahr 2025 erschienene → Meta-Analyse von Anisman et al. scheint die Debatte zu beenden: laut dieser Studie führt eine erhöhte IV-Flüssigkeitsgabe NICHT zu einem statistisch erhöhten Geburtsgewicht, was die oben beschriebene Problematik scheinbar auflöst.
Allerdings gibt es aus unserer Sicht hier einige Kritikpunkte:
Die aktuelle Meta-Analyse ist somit nicht dazu geeignet, die beobachteten Zusammenhänge zwischen erhöhter mütterlicher peripartaler IV-Flüssigkeitszufuhr und einem veränderten Gewichtsverlauf des Neugeborenen zu widerlegen. Es wird weitere Studien zur Klärung dieser Thematik benötigen.
Unsere Erfahrungen aus der Praxis zeigen:
Selbst wenn es aus geburtshilflicher Sicht ratsam erscheint, die mütterliche IV-Flüssigkeitsgabe nicht zu sehr zu begrenzen, sollte über das Management auf der Wochenstation der Gewichtsverlauf des Neugeborenen in angepasster Form beurteilt werden. In vielen Kliniken wird das bereits erfolgreich praktiziert.
Dazu noch einige Tipps und Überlegungen:
► In den meisten Wochenstationen werden die Neugeborenen nach Übernahme aus dem Kreißzimmer erneut gewogen, um die stationseigene Waage als Grundlage für die weiteren Berechnungen zu verwenden. Dies scheint auch aus Risikomanagement-Sicht sinnvoll: die Gefahr von Übertragungsfehlern reduziert sich.
► Allerdings: Wenn diese erste Gewichtserhebung auf der Wochenstation unmittelbar nach der Übernahme aus dem Kreißzimmer erfolgt, muss der zu diesem Zeitpunkt (hoffentlich) weiterhin bestehende Haut-zu-Haut-Kontakt zwischen Mutter und Kind unterbrochen werden – zu einem Zeitpunkt, an dem Mutter und Kind gerade zur Ruhe kommen und das Kind wahrscheinlich bereits eingeschlafen ist. Sollten Mutter und Kind nicht im Hautkontakt verlegt worden sein, muss das Kind nun erneut aus- und wieder angezogen werden, was in dieser besonderen Ruhephase ebenfalls sehr störend ist.
► Daher sind einige Kliniken dazu übergegangen, die erstmalige Gewichtserhebung auf der Wochenstation grundsätzlich ca. 12 Std. postpartum vorzunehmen – zu einem Zeitpunkt, an dem Mutter und Kind wach sind und das Wiegen gleich mit weiteren Routinemaßnahmen oder Informationsgesprächen verbunden werden kann.
► Falls der Mutter unter der Geburt eine erhöhte Menge an IV-Flüssigkeit verabreicht wurde, ist außerdem zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass das Kind bereits eine größere Menge an Urin ausgeschieden hat und somit sein aktuelles Gewicht dem "tatsächlichen" Gewicht besser entspricht. Ausgehend vom 12-Stunden-Gewicht werden dann die 7%- und 10%-Grenzen errechnet, die für die weitere Beurteilung wichtig sind.
► In einigen Kliniken wird dieses Management auf Mutter-Kind-Dyaden begrenzt, bei denen durch hohe IV-Flüssigkeitsgaben ein erhöhtes Risiko für einen veränderten Gewichtsverlauf des Neugeborenen besteht. Andere Häuser haben ihr Management jedoch komplett umgestellt, so dass die routinemäßige erste Gewichtserhebung auf der Wochenstation für ALLE Neugeborenen 12 Std. postpartum stattfindet. Dies birgt keinerlei Nachteile und erleichtert einen standardisierten Ablauf für alle Beteiligten, zudem wird die erste Ruhephase nach Verlegung auf die Wochenstation geschützt.
► Übereinstimmend berichten Kliniken, dass nach der Umstellung auf dieses Management der Stillbeginn für viele Mütter entspannter verläuft, die Zufütterungsraten gesunken sind und zugleich keine negativen Effekte oder Risiken für die Neugeborenen beobachtet wurden.
© November 2025, Anja Bier, IBCLC
und das EISL-Newsletter-Team:
Rhiannon Grill, IBCLC; Natalie Groiss, IBCLC; Simone Lehwald, IBCLC; Gabriele Nindl, IBCLC; Gudrun von der Ohe, Ärztin und IBCLC

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