Stillen fördern

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Letzte Aktualisierung dieser Seite: 3/2021
Es gibt viele verschiedene Indikationen zum Gewinnen von Muttermilch. In manchen Fällen reicht es aus, die Brust per Hand zu entleeren. In anderen Situationen ist es sinnvoll, zusätzlich zur Handgewinnung zu pumpen oder auch ausschließlich zu pumpen.
In den meisten Fällen verfolgt die Gewinnung von Muttermilch folgende Ziele:
• Das Baby soll ergänzend zum Stillen oder anstelle des Stillens Muttermilch auf anderem Wege erhalten
• Die Brust der Mutter benötigt zusätzliche Stimulation, um die Milchbildung aufzubauen oder zu erhalten
Für beide Ziele ist ein gutes Handentleerungs- und Pumpmanagement von großer Bedeutung, weil es dazu beiträgt, die Milchmenge, die für das Baby bereitgestellt wird, zu erhöhen und die Stimulation für die Mutter so zu gestalten, dass sie effektiv in die Milchbildung kommt und diese auf einem möglichst hohen Level halten kann.
Auf dieser Fachseite stellen wir Ihnen in kompakt zusammengefasster Form Basiswissen zum Gewinnen von Muttermilch per Hand oder Pumpe zur Verfügung. Wenn Sie sich ausführlicher in das Thema vertiefen wollen, insbesondere wenn Sie mit Mutter-Kind-Paaren im frühen Wochenbett arbeiten, empfehlen wir Ihnen unser Skriptum "Gewinnen von Muttermilch per Hand und Milchpumpe", das wir hier kostenlos zum Download zur Verfügung stellen:
Wenn eine Mutter zusätzlich zum Stillen für Ihr Neugeborenes Milch gewinnen möchte, ist vor allem in den ersten 1 - 2 Tagen die Handentleerung erste Wahl vor dem Abpumpen. Es ist daher sinnvoll, wenn besonders Hebammen und Pflegende sich der Bedeutung der Handgewinnung bewusst sind, die Technik sicher beherrschen und Mütter aktiv dazu anleiten, Kolostrum von Hand zu gewinnen.
Eine Milchpumpe kann zusätzlich zur Handentleerung notwendig werden, zum Beispiel wenn Mutter und Kind getrennt sind. Nach den ersten Tagen postpartum gewinnt die Pumpe dann zunehmend an Bedeutung und wird überwiegend eingesetzt werden.
Eine stimulierende Oxytocinmassage (siehe dazu auch unsere Fachseite → Brustmassage) ist Voraussetzung für ein erfolgreiches Gewinnen von Muttermilch von Hand. In den ersten Tagen können so einige Tropfen Kolostrum gewonnen und in eine Spritze aufgezogen werden, aber auch nach Etablierung der Milchbildung nutzen manche Frauen die Handentleerung weiterhin, z.B. um sich Erleichterung bei einem Milchstau zu verschaffen.
Insbesondere in den ersten Stunden und Tagen postpartum kann die Handgewinnung von Kolostrum von großer Bedeutung sein, z.B. wenn das Anlegen (noch) nicht optimal gelingt, das Baby sehr schläfrig ist, die postpartale Gewichtsabnahme Anlass zur Überprüfung des Stillmanagements gibt oder wenn der Blutzucker des Neugeborenen stabilisiert werden soll. Eine medizinisch indizierte Zufütterung sollte nach Möglichkeit mit gewonnenem Kolostrum durchgeführt werden.
Zur Handgewinnung gibt es auch gutes Videomaterial, das kostenlos verfügbar ist. Besonders empfehlenswert ist der folgende Link:
Für Neugeborene diabetischer Mütter ist das Kolostrum besonders wertvoll und wird, zur Prävention einer Hypoglykämie, bereits innerhalb der ersten halben Stunde postpartum benötigt. Da die meisten Neugeborenen zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereit dazu sind, direkt an der Brust zu trinken, wird die Mutter dazu angeleitet, Kolostrum von Hand zu gewinnen. Auf diese Weise wird auch das ungestörte Self-Attachment des Babys nicht unterbrochen.
Als präventive Maßnahme empfehlen wir zusätzlich, dass diabetische Mütter bereits zum Ende der Schwangerschaft angeleitet werden, Kolostrum zu gewinnen und bis zur Geburt einzufrieren. Eine genaue Erläuterung der Hintergründe und Empfehlungen für die Praxis gibt das folgende Dokument:
Weitere Informationen zu diesem Themenfeld finden Sie auch auf unseren folgenden Fachseiten:
Wenn nur gelegentlich gepumpt wird, um zum Beispiel einen Vorrat für kurze Abwesenheiten der Mutter anzulegen, ist meist eine Handpumpe oder das Abpumpen mit dem Einzel-Pumpset einer elektrischen Milchpumpe ausreichend.
Wenn eine Mutter jedoch bereits in der Klinik oder über einen längeren Zeitraum pumpt, um für ihr Kind Muttermilch zu gewinnen, ist stets ein doppelseitiges Abpumpen mit einer modernen elektrischen Milchpumpe Mittel der Wahl. Dadurch wird die Brust besser stimuliert, die Milchbildung effizienter gesteigert und zudem Zeit gespart.
Wenn Mutter und Baby getrennt sind, sollte innerhalb der ersten Stunde pp mit der Gewinnung per Hand begonnen werden. Zusätzlich wird innerhalb der ersten 6 Stunden postpartum mit dem Pumpen begonnen. In diesem Zeitraum ist der Prolaktinspiegel hoch und die Prolaktinrezeptoren können besetzt werden. Häufiges Entleeren, mind. 8x/ besser 10x bereits in den ersten 24 Stunden, unterstützt den Aufbau einer ausreichenden Milchbildung und verringert insbesondere bei Frühgeborenen längerfristig das Risiko eines Milchmangels.
Bis ca. 7.-10. Tage postpartum sollte zum Aufbau der Milchproduktion mindestens 8x, besser 10x oder mehr in 24 Stunden gepumpt werden (eine 4 - 5-stündige Nachtruhe ist empfehlenswert, um eine Überforderung der Mutter zu vermeiden). Zur Erhaltung der Milchproduktion nach erfolgreichem Aufbau: mindestens 5x, besser 6-8x / 24 Stunden pumpen, oder mindestens 100 Minuten / 24 Stunden / pro Brust, idealerweise weiterhin mit Doppelpumpset.
Doppelseitiges Abpumpen benötigt ca. 15 Minuten, Wechselseitiges Abpumpen ca. 30 Minuten. In jedem Fall sollte vor dem Abpumpen eine oxytocinstimulierende Brustmassage (siehe dazu auch unsere Fachseite → Brustmassage) erfolgen und das Pumpen zusätzlich durch Pausen mit weiteren Brustmassagen unterbrochen werden (sogenanntes “Intervall-Pumpen”, s. unten).
Die Mutter sollte das maximal für sie komfortable Vakuum nutzen zum Abpumpen. Begonnen wird immer mit der minimalen Saugstärke, anschließend kann die Saugstärke entsprechend den Bedürfnissen gesteigert werden. Abpumpen darf nicht schmerzen!
Im Gegensatz zu einer technischen unpersönlichen Pumpe ist ein Baby an der Brust warm, es riecht gut und stimuliert die Liebesgefühle der Mutter. Oxytocin ist für das Fließen der Milch sehr entscheidend. Alle Maßnahmen, die die Oxytocinausschüttung unterstützen, sind daher beim Pumpen besonders hilfreich.
Deshalb wird ein modernes Pumpmanagement stets aus einer Kombination aus Brustmassagen, Abpumpen und kurzen Unterbrechungen bestehen, was die Oxytocinausschüttung effektiver stimuliert als durchgängiges Pumpen über eine längere Zeit. Diese Methode bezeichnen wir mit dem Überbegriff "Intervall-Pumpen".
Es gibt mehrere Varianten des Intervall-Pumpens. Das Europäische Institut für Stillen und Laktation (EISL) verwendet folgende Begriffe:
POWER-PUMPING (nach Arnold, 2010)
– geeignet als grundlegende Standard-Methode für den Alltag
1. Brustmassage/Oxytocinmasssage
2. Doppelseitiges Abpumpen für ca. 5 Minuten
3. Kurze Unterbrechung – ein Glas Wasser trinken, strecken, aufstehen (Steigerung der Oxytocinausschüttung)
Punkte 1 - 3 insgesamt 3x wiederholen – Gesamtdauer 15 - 20 min.
CLUSTER-PUMPING (nach Walker, 2017)
– als ergänzende Methode bei Bedarf 1 – 2 Mal täglich, um die Milchmenge zu steigern
1. Brustmassage/Oxytocinmassage
2. Doppelseitiges Abpumpen für ca. 10 - 12 Minuten oder bis die Milch nicht mehr fließt
3. Pause von ca. 10 - 12 Minuten
Punkte 1 - 3 insgesamt ca. 3x wiederholen – Gesamtdauer ca. 1 Stunde
Diese Pumpmethode entspricht dem typischen „Clusterfeeding“ von gestillten Kindern. Das Cluster-Pumping ist vor allem als zusätzliche Unterstützung hilfreich, wenn die Milchmenge noch weiter gesteigert werden soll, z.B. bei Milchmangel oder bei Frühgeborenen.
HANDS-ON-PUMPING
– ergänzend zur Steigerung der Milchmenge und/oder des Fettgehalts der Milch
Eine gleichzeitig während des Pumpens durchgeführte Brustmassage/ Brustkompression führt sowohl zu einer erhöhten Milchmenge als auch zu einem erhöhten Fettgehalt der Milch. „Hands-on-Pumping“ ist einfacher, wenn ein speziell dafür zugeschnittenes Bustier o.ä. getragen wird, so dass man die Pumptrichter nicht festhalten muss und die Hände für die Brustmassage frei hat.
Es gibt etliche gute Materialien, die für Eltern zur Verfügung stehen und das Gewinnen von Muttermilch sowie die Anleitung zu einer vorbereitenden Brustmassage beinhalten:
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