Brustmassage und Handentleerung als Hilfsmittel im Milcheinschuss
Anlage zum Newsletter November 2016
Mothers Value and Utilize Early Outpatient Education on Breast Massage and Hand Expression in Their Self-Management of Engorgement
Witt Ann M., Bolman Maya, and Kredit Sheila. Breastfeeding Medicine. November 2016, 11(9): 433-439. doi:10.1089/bfm.2016.0100.
Bereits seit einigen Jahren legen wir als Europäisches Institut in unseren Seminaren und Weiterbildungsangeboten besonderes Augenmerk auf das Thema "Brustmassage und Handentleerung". Wir empfehlen dies als sinnvollen Baustein zur Etablierung einer guten Stillbeziehung und lehren verschiedene Methoden der Brustmassage für unterschiedliche Problemstellungen. Die Erfahrungen und Rückmeldungen aus den Kliniken zeigen, dass Frauen, die frühzeitig und gut angeleitet werden, weniger Beschwerden in den ersten Tagen haben und zudem bei Anlegeschwierigkeiten, schläfrigen Kindern oder einer starken Gewichtsabnahme des Babys eine einfache und zugleich äußerst wirkungsvolle Methode kennen, entgegenzusteuern.
In einer aktuellen Studie untersuchten Forscher aus den USA, ob sich die frühzeitige Information und Anleitung zur Brustmassage und Handentleerung positiv auf den Stillerfolg von Frauen auswirkt, die ambulant entbinden oder schon vor dem Einsetzen der Initialen Brustdrüsenschwellung nach Hause entlassen werden. Die prospektiv angelegte Studie wurde in Zusammenarbeit mit einer Kinderarztpraxis in Ohio durchgeführt wo den Müttern u.a. die Reverse Softening Pressure (RPS)-Methode gezeigt wurde, um sich Linderung bei starker Brustschwellung zu verschaffen.
In der Nachbefragung mit 12 Wochen gaben über 90% der Mütter an, diese Anleitung als hilfreich oder sehr hilfreich empfunden zu haben. Die Studie zeigt allerdings auch ein Phänomen, das durch den Durchführungsort bedingt ist: die Frauen sind in den USA deutlich kürzer in der Klinik oder entbinden direkt ambulant, so dass sie üblicherweise in der Zeit der Initialen Brustdrüsenschwellung längst wieder Zuhause sind. Nachdem aufsuchende Wochenbettbetreuung nicht vorgesehen ist, stellen die Mütter am 4. Tag pp ihr Kind beim Kinderarzt vor – meist also gerade um die Zeit ihrer typischen Milcheinschuss-Beschwerden herum.
Obwohl einige Studienteilnehmerinnen bereits in der Klinik zur Brustmassage angeleitet wurden, setzten sie diese trotzdem nicht Zuhause ein, als ihre Beschwerden begannen. Erst nach dem Besuch beim Kinderarzt verwendeten sie die dort vorgestellten und speziell auf die aktuelle Problematik zugeschnittenen Techniken (z.B. die RPS-Methode) mit Erfolg.
Die Studie steht in vollständiger Form → hier zur Verfügung.
Anmerkung des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation:
Nachdem die Wöchnerinnen im deutschsprachigen Raum typischweise 2 - 3 Tage in der Klinik bleiben und zudem häufig Zuhause eine aufsuchende Betreuung zur Verfügung steht, stellt sich die Situation bei uns ein wenig anders dar als in der o.g. Studie. In den ersten Tagen bleibt unter Anleitung des Klinikpersonals genügend Zeit, einige Brustmassage-Techniken zu üben und stärker zu verinnerlichen als das in den USA möglich ist. Teilweise erfolgt der Beginn der Initialen Brustdrüsenschwellung noch in der Klinik, so dass das Klinikpersonal direkt mit passenden Methoden und Vorschlägen reagieren kann.
Trotzdem ist die Studie aus unserer Sicht auch für uns hilfreich, da sie einige Zielgruppen stärker in unser Bewusstsein rückt: Für Frauen, die ambulant entbinden oder voraussichtlich keine regelmäßige häusliche Wochenbettbetreuung erhalten werden, können wir bereits im Vorfeld durch gute Information und dem Vermitteln von Techniken wie der RPS-Methode präventiv tätig werden. Gerade im außerklinischen Bereich bieten diese einfachen, aber höchst wirksamen Maßnahmen eine sehr gute Möglichkeit, ersten Schwierigkeiten zu begegnen.
© November 2016, Anja Bier (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation