Stillen fördern

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Lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Artikel → Coronavirus/ COVID-19 und Stillen: Aktuelle internationale Empfehlungen . Sowohl der oben genannte Artikel als auch die untenstehenden Fragen und Antworten stellen eine Zusammenfassung von internationalen Veröffentlichungen anerkannter Fachgesellschaften dar, die es deutschsprachigem Fachpersonal erleichtern soll, sich rasch einen Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zu verschaffen.
Beide Artikel werden regelmäßig aktualisiert.
Letzte Aktualisierung: 28.02.2021
Glossar:
SARS-CoV2: der Erreger der aktuellen Pandemie (häufig einfach als "Coronavirus" bezeichnet, allerdings genaugenommen ein Virus, das, wie schon andere Viren zuvor, aus der Familie der Coronaviren stammt)
COVID-19: die Erkrankung, die durch Infektion mit SARS-CoV2 entsteht
Die üblichen Vorsorge-Termine in der Schwangerschaft sollten wie geplant wahrgenommen werden, sie sind medizinisch notwendig und dienen der Gesundheit von Mutter und Kind. Wenn die werdende Mutter als Verdachtsperson gilt oder sicher infiziert ist, benötigt die betreuende Fachkraft vollständige persönliche Schutzausrüstung, wie in den Verordnungen und Empfehlungen der Gesundheitsbehörden vorgeschrieben.
Bei einer normalen Schwangerschaft ist eine ambulante Geburt im Klinikum oder Geburtshaus ebenso wie eine Hausgeburt nach wie vor möglich. Im Verdachts- oder gesicherten Infektionsfall mit SARS-CoV2 gehört die Schwangere zur Risikogruppe, somit ist eine Entbindung im klinischen Setting notwendig. Zudem soll das Neugeborene 48h postpartum beobachtet, aber nicht von der Mutter getrennt werden.
Eine vaginale Geburt ist nach wie vor erste Wahl. Nach derzeitigem Wissensstand findet unter der Geburt durch den Vaginalkanal keine Infektion des Kindes statt. Wie bei jeder Entbindung (ob mit oder ohne Infektion mit SARS-CoV2) soll eine Sectio nur bei geburtshilflich-medizinischer Notwendigkeit erfolgen.
Auch wenn eine Mutter als Verdachtsfall eingestuft wird oder bekannt infiziert ist, sollte postpartum der normale Bonding-Prozess stattfinden, solange der Gesundheitszustand der Mutter dies zulässt. Allerdings sollte die Mutter dabei einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) tragen. Es ist sinnvoll, auf den MNS z.B. mit Lippenstift einen Mund und Nasenlöcher aufzumalen, um das Erkennen des Gesichts-Schemas für das Neugeborene zu ermöglichen.
Das Bonding erfolgt im Optimalfall durch ungestörten direkten Hautkontakt, notwendige Untersuchungen werden auf dem Körper der Mutter durchgeführt. Das Kind erhält genügend Zeit, um selbständig zur Brust zu finden und das erste Stillen zu initiieren (durchschnittlich ca. 1 Stunde pp).
Wenn eine Mutter (unabhängig von einem möglichen Verdacht auf SARS-CoV2-Infektion) sich entschieden hat, nicht zu stillen, ist es immer wünschenswert, dass das Neugeborene auf alle Fälle Kolostrum erhalten sollte. Dies kann durch direktes Anlegen an der Brust oder durch Handgewinnung von Kolostrum geschehen. Viele Mütter, die sich gegen das Stillen entscheiden, geben ihrem Kind gerne das Kolostrum.
In der Zeit der Pandemie profitieren Neugeborene nochmals mehr von den immunologischen Eigenschaften der Muttermilch. Deshalb wäre es besonders wichtig, mit einer infizierten oder unter Verdacht stehenden Mutter darüber zu sprechen, ob sie sich vorstellen kann, für kurze Zeit zu stillen oder abzupumpen.
Bei bekannter Infektion mit SARS-CoV2 bzw. bei Einstufung als Verdachtsfall werden Mutter und Kind gemeinsam isoliert und wie jeder Isolationsfall den Richtlinien der Klinik entsprechend durch die Pflege betreut. Mutter und Kind verbleiben gemeinsam im Rooming-In, solange es der Gesundheitszustand der Mutter zulässt.
Das Kind wird für mindestens 48h postpartum beobachtet, als Verdachtsfall (Kontaktperson) eingestuft und daher nach normalem Schema so rasch als möglich getestet.
Wenn der Gesundheitszustand von Mutter und Kind es zulässt, werden sie im Verdachtsfall/ bei Infektion der Mutter frühestens 48h nach Geburt und nach Maßgabe der nationalen Vorgaben und Empfehlungen der Gesundheitsbehörden in gemeinsame häusliche Quarantäne entlassen.
Derzeit gibt es noch keine ausreichende Datenlage zu einer abschließenden Bewertung. Die deutsche STIKO und die deutschsprachigen und internationalen Fachgesellschaften schätzen das Risiko für die Impfung von Schwangeren aus grundsätzlichen Überlegungen heraus als gering ein. Um Schwangere indirekt zu schützen, sollten enge Kontaktpersonen sowie betreuende medizinische Fachkräfte geimpft sein.
Nach derzeitigem Kenntnisstand wird für Schwangere eine individuelle Entscheidung in ärztlicher Absprache, auf Basis von eventuell bestehenden Vorerkrankungen oder einem hohen Expositionsrisiko, empfohlen. Schwangere sollten nicht grundsätzlich vom Impfprogramm ausgenommen werden. Sollte dies der Fall sein, muss individuell im Gespräch mit ihren Ärzten abgewogen werden, eine Impfung kann dann empfehlenswert sein.
Obwohl bisher keine spezifischen Daten für eine Imfpung von stillenden Frauen vorliegen, gibt es aus dem Verständnis des Wirkmechanismus heraus keinen Grund für eine Einschränkung. Die deutschsprachigen Fachgesellschaften empfehlen daher, stillende Frauen ganz normal zu impfen, sobald sie anhand des Impfplans dafür vorgesehen sind.
© April 2020 und Februar 2021, Anja Bier (IBCLC), Gudrun von der Ohe (IBCLC und Ärztin) und Gabriele Nindl (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation
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