Stillen fördern

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Milchstau oder Mastitis gehören zu den häufigsten Problemen in der Stillzeit und führen aufgrund der belastenden und schmerzhaften Erfahrung vermehrt zu frühem Abstillen. Daher ist es besonders wichtig, schnelle und effektive Maßnahmen zu ergreifen und die Mutter in dieser Phase einfühlsam zu unterstützen.
Wichtig für Mütter zu wissen: Das Weiterstillen in der akuten Phase gehört zu den wichtigsten therapeutischen Maßnahmen und ist unproblematisch für das Kind. Eventuell notwendige Medikamente können so gewählt werden, dass sie stillverträglich sind.
Wenn Brustprobleme wie Milchstau oder Mastitis auftreten, äußern Frauen oft den Wunsch nach einem raschen Abstillen. Während der akuten Krise wäre Abstillen allerdings kontraindiziert und würde die Situation verschlimmern. Die Mutter benötigt daher Unterstützung beim Überwinden der Krise und zugleich die Gewissheit, dass sie nach Abklingen der Mastitis fachlich kompetent beim Abstillen begleitet und unterstützt wird, sofern sie noch immer den Wunsch danach haben sollte.
Ein Milchstau kann als lokal begrenzte Stelle oder als Schwellung und Rötung einer ganzen Brust auftreten.
Typischerweise ist der Stau die Folge von ineffektivem oder zu seltenem Entleeren der Brust. Wenn die Brust insgesamt betroffen ist, wird in der englischen Literatur meist von "milk stasis" oder "engorgement" gesprochen.
Wenn der Stau nur lokal begrenzt auftritt, kann die Ursache auch darin liegen, dass ein bestimmtes Brustareal nicht entleert wird, weil ein Milchgang überhäutet oder verstopft ist. Im Englischen werden für diese Form des Milchstaus entsprechend die Begriffe "milk blister" oder "plugged duct" verwendet.
Ein Milchstau kann in allen Phasen der Stillzeit auftreten. Eine Stillpause oder gar ein Abstillen sind kontraindiziert, die Situation würde nur schlimmer! Dass die Milch ins Fließen kommt, ist wichtiger Teil der Therapie.
UNBEDINGT BEACHTEN
• Keine Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr!
• Keine Prolaktinhemmer, keine Stillpause, kein Abstillen!
Eine deutliche Besserung sollte innerhalb der ersten 24 Stunden, spätestens nach 48 Stunden eintreten. Wenn dies nicht der Fall ist oder hohes Fieber auftritt, ist der Übergang zur Mastitis erreicht und eine ärztliche Konsultation ist notwendig.
Eine Mastitis kann infektionsbedingt durch Eintritt von Keimen in die Brust oder stauungsbedingt durch Behinderung des effektiven Milchflusses oder durch ineffektive Brustentleerung entstehen. Wunde, offene Mamillen begünstigen den Eintritt von Keimen und führen häufiger zu einer bakteriellen Mastitits. In 90% der Fälle ist Staphylokokkus aureus der verursachende Erreger, in ca. 10% Streptokokken und andere Keime.
Die seit 2013 in Deutschland existierende AWMF-Leitlinie befindet sich derzeit in Überarbeitung. Hier finden Sie noch den Link zum Original: → AWMF-S3-Leitlinie "Therapie entzündlicher Brusterkrankungen in der Stillzeit"
Eine Mastitis entwickelt sich selten ohne vorher bestehende Problematik. Sie wird begünstigt durch:
Es gelten diesselben präventiven Maßnahmen wie unter "Milchstau". Die beste Prävention liegt in der Vermeidung von Milchstau und wunden Mamillen.
Wenn offene Wunden an der Mamille vorliegen, ist unbedingt auf gute Handhygiene und ein adäquates Wundmanagement zu achten (Reinigung ⇒ Abdeckung ⇒ Entlastung, siehe dazu auch unsere Fachseite → Wunde Mamillen)
Ursachenforschung ist wichtig, um eine adäquate Behandlung einzuleiten und Rezidive zu verhindern.
Abstillen ist nicht indiziert und kann die Situation dramatisch verschlimmern! Zugleich erhöht sich dadurch das Risiko für eine nachfolgende Abszessbildung.
Maßnahmen:
Normalerweise ist nur eine Brust betroffen. Bei einer beidseitigen, gleichzeitig auftretenden Mastitis (sehr selten!) sind in der Regel ß-hämolysierende Streptokokken sowie Staphylokokkus aureus und Haemophilus influenzae, die vom Kind auf die Mutter übertragen werden, verantwortlich. Für diesen speziellen Fall wird in in der Literaur immer wieder eine Stillpause von 24 - 48 Stunden empfohlen - in der Praxis sollte eine Absprache mit dem behandelnden Kinderarzt stattfinden. Die Mutter muss in jedem Fall antibiotisch behandelt werden, über eine Mitbehandlung des Kindes entscheidet der Kinderarzt.
Falls eine Stillpause empfohlen wird und die Möglichkeit zur Pasteurisierung besteht, kann die Muttermilch pasteurisiert verfüttert werden.
ANTIBIOSE
Falls nach 12 - 24 Stunden unter konservativen Maßnahmen keine deutliche Besserung eintritt, ist von einer bakteriellen Mastitis auszugehen und ein stillverträgliches Antibiotikum in ausreichender Dosierung und Dauer ist indiziert. Bei Müttern mit sehr heftigen Symptomen und plötzlich sehr hohem Fieber kann auch direkt mit der Antibiose begonnen werden.
Auch bei rezidivierenden Verläufen darf die Antibiose nicht verzögert werden.
Geeignet sind stillverträgliche Staphylokokken-wirksame Antibiotika, Mittel der 1. Wahl sind Cephalosporine. Bei Verdacht auf Streptokokken kommt auch Penicillin in Frage. Eine ausreichend lange Antibiose (10 - 14 Tage) ist notwendig, um die Gefahr von Rezidiven zu minimieren und somit auch dem Risiko für einen Brustabszess vorzubeugen.
Bei schweren Verläufen kann ein klinischer Aufenthalt mit i.v.-Antibiose erforderlich sein.
In den letzten Jahren kristallisiert sich mehr und mehr heraus, dass es eine besondere Form der Mastitis zu geben scheint, die in der Vergangenheit häufig als "Soor der Milchgänge" interpretiert wurde (auch bezeichnet als "Soormastitis").
Mit heutigen Erkenntnissen wird klarer, wie die Symptome zustande kommen und dass es sich tatsächlich um eine bakterielle Misch-Infektion handelt, die durch die speziell vorliegenden Erreger keine klassischen Entzündungssymptome (Rötung, Überwärmung) oder Allgemeinsymptome (Fieber, Krankheitsgefühlt) verursacht, sondern spezifische lokale Symptome zeigt.
Typische klinische Symptome:
• Tiefe stechende oder brennende Schmerzen in der Brust, teilweise in die Achselhöhle oder den Rücken ausstrahlend
• Symptome während oder auch nach dem Stillen, oft beginnend mit dem Einsetzen des Milchspendereflexes
• Mit oder ohne Symptome eines oberflächlichen Brustsoors (siehe dazu auch unsere Fachseite → Brustsoor in der Stillzeit)
Die Pathogenese der subakuten Mastitis erklärt sich durch die Fähigkeit der beteiligten Mikroorganismen, einen Biofilm in den Milchgängen der Brust zu produzieren (typischerweise koagulase-negative Staphylokokken, vor allem Staphylococcus epidermidis und andere bakterielle Erreger wie Streptococcus mitis und Streptococcus salivarius, Corynebakterien und Enterokokken). Durch die Entzündung des Epithels und die Verengung des Lumens der Milchgänge werden die stechenden Schmerzen verursacht - insbesondere während des Milchspendereflexes kommt es intraalveolär zu einem vermehrten Druck auf das entzündete Epithel.
Durch die fortschreitende Einengung und folgende Blockierung der Milchgänge kann es sekundär zu Milchstau und einer Reduktion des Milchvolumens kommen.
Inzwischen ist nachgewiesen, dass auch Candida albicans in gemischten Biofilmen mit Bakterien gemeinsam vorliegen kann, aber nicht die primäre Ursache der Beschwerden ist.
Nach Schätzungen sind ca. 10% aller stillenden Frauen zeitweise von einer solchen Symptomatik betroffen.
MIKROBIOM DER BRUST
Enteromammäre Leitungsbahnen verbinden die Brustdrüse mit dem mütterlichen Darm, wodurch die Zusammensetzung der Muttermilch beeinflusst wird, wie bereits seit Jahren klar ist. Das Mikrobiom des Darms hat auf diese Weise ebenfalls Einfluss auf das Mikrobiom der Brustdrüse. Es ist interindividuell variabel und verändert sich auch im Verlauf der Laktation. Einfluss haben auch der Geburtsmodus, das mütterliche Gewicht, die Ernährung und offenbar auch die Einnahme von Probiotika.
Probiotika sind derzeit Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen und könnten künftig einen vielversprechenden Ansatz in der Therapie von Mastitiden, Brustschmerzen und rezidivierenden Problemen bieten.
Darüber hinaus könnten sie zur Unterstützung des natürlichen Mikobioms in der Brust eingesetzt werden.
Die Entwicklung eines Brustabszess ist im Allgemeinen die Folge von zu spät einsetzender, unzureichender oder falscher Therapie einer Mastitis (beispielsweise fehlende Entleerung, unsachgemäße "Brustmassage" zur Entleerung eines Milchstaus). Wunde Mamillen und unzureichende Entleerung zählen zu den weiteren Risikofaktoren. Häufig zeigt eine vorangegangene Mastitis einen atypischen Verlauf ohne Fieber, mit rezidivierenden oder anhaltenden "roten Flecken" auf der Brust.
Der Abszess, ein mit Eiter gefüllter Hohlraum, steht nicht in Verbindung mit dem Drüsengewebe und den Milchgängen. Die Diagnose wird durch eine Ultraschalluntersuchung gesichert.
Manchmal maskiert ein vermeintlicher Abszess die Entwicklung eines Mammacarzinoms, zudem sind auch andere Brusterkrankungen, die nicht mit der Laktation in Zusammenhang stehen, jederzeit möglich. Jeder persistierende Knoten in der Brust muss auch während der Stillzeit abgeklärt werden.
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