Europäisches Institut für Stillen und Laktation

Anlegen und Positionieren

Die EISL-Fachinformationen werden regelmäßig überprüft und ergänzt.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 7/2022

Entscheidend für den Stillerfolg

Für eine gelingende Stillbeziehung spielt das erfolgreiche und korrekte Anlegen des Babys eine große Rolle. Mutter und Kind benötigen eine bequeme und sichere Position, in der sie auch für längere Zeit verbleiben können. Eine gute Stillposition ermöglicht dem Baby, Mamille und Brustgewebe korrekt zu erfassen und effektiv zu saugen. Dies bringt folgende Dinge mit sich:
• Milchfluss und Milchmenge werden erhöht
• Die Bedürfnisse des Babys werden besser gestillt
• Weniger Schmerzen an Brust und Mamille
• Ausschließliches Stillen ist durch gutes Anlegen besser zu erreichen

Stillbeginn und Gesamtstilldauer werden durch gutes Anlegen und Positionieren positiv beeinflusst. Für viele Frauen sind diese beiden Punkte entscheidend für eine erfolgreiche Stillbeziehung und legen einen wichtigen Grundstein für die Still-Selbstwirksamkeit (Breastfeeding-Self-Efficacy).

Wenn Anlegen und Positionieren nicht gut funkionieren, sind in Folge typische Anfangsschwierigkeiten zu erwarten, die häufig zu verfrühtem Abstillen führen, wie z.B.
• wunde schmerzende Mamillen
• pathologische Initiale Brustdrüsenschwellung
• Milchstau/ Mastitis in den ersten Wochen
• Unruhe und schlechtes Gedeihen des Babys
• erhöhtes Risiko für Hyperbilirubinämie und Hypoglykämie
• frühe Zufütterung
• Zweifel der Mutter an ihrer natürlichen Kompetenz

Es benötigt eine gute Balance: einerseits ist eine gute Anlegetechnik wichtig, zugleich geht es nicht um eine "komplizierte technische Herausforderung", sondern Bequemlichkeit, Entspannung und das Vertrauen in die Fähigkeiten des Babys stehen im Fokus.

Allgemein hilfreiche Bedingungen für ein gelingendes Anlegen

  • Angenehme Umgebung und Atmosphäre, damit die Mutter sich entspannen und wohlfühlen kann
  • Bequeme Sitz- oder Liegeposition der Mutter
  • Verschiedene Kissen in Griffnähe und/oder ein Stillkissen können unterstützen
  • Wenn die Mutter sitzt, kann ein Fußschemel hilfreich sein
  • Ein Wechsel der Stillpositionen ist in der Lernphase günstig
  • Idealerweise bestimmt das Baby die Zeit des Saugens an der Brust (Baby-led-feeding) und lässt selbst die Brust los. Wenn die Mutter in Einzelfällen das Kind von der Brust nehmen möchte, kann sie zum Unterbrechen des Saugschlusses den kleinen Finger über den Mundwinkel zwischen die Zahnleisten schieben
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    Bonding + Self-Attachment nach der Geburt © K. Angstl
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    Fortführung als Intuitives Stillen Zuhause © A. Bier

Intuitives Stillen

Intuitives Stillen ist die logische Folge des direkten ununterbrochenen Hautkontakts während der ersten Stunden nach der Geburt, in denen das Baby selbst zur Brust findet (lesen Sie dazu auch unsere Fachseite → Bonding und Self-Attachment). Sie ist die hilfreichste Stillposition für die ersten Tage und Wochen, sowohl in der Klinik als auch Zuhause.

Babys bringen angeborene Reflexe mit, Mütter reagieren intuitiv auf die Signale des Kindes. Wenn das Self-Attachment im Hautkontakt gelungen ist, kann das Kind im Alltag auch mit Kleidung selbständig die Brust finden, andocken und saugen.

Intuitives Stillen – Biological Nurturing (Colson, 2012)

  • Halb aufrechte/ halb zurückgelehnte Lage der Mutter – das Baby liegt auf dem Oberkörper der Mutter (meist oberhalb der Brust), es passt sich den Körperkonturen der Mutter an und liegt flächig auf.
  • Das Baby nimmt intuitiv eine Haltung ein, die an einen kleinen Frosch erinnert: Arme und Beine sind gebeugt, die Körperinnenseite (Unterarme, Brust und Bauch, Ober- und Unterschenkel) sind im Kontakt mit dem Körper der Mutter. In dieser Position kann das Kind seine Reflexe optimal aktivieren.
  • Die Mutter kann dem Baby etwas Halt durch Abstützen unter den Füßen oder am Po geben. Rücken und Kopf bleiben frei, damit das Kind sich selbst zur Brust hinbewegen kann.
  • Die Schwerkraft unterstützt Mund-, Kiefer- und Zungenbewegungen.
  • Anlegeprobleme werden minimiert, das Kind öffnet den Mund weit, erfasst mehr Brustgewebe.
  • Die Oxytocinausschüttung wird erhöht.
  • Wenn das Baby in direktem Hautkontakt mit der Mutter ist, wird die Wirkung wird verstärkt – aber auch mit dünner Kleidung reagieren die Babys gut.
  • Dies ist die Stillposition der ersten Wahl für die ersten Tage und Wochen.
  • Intuitives Stillen ist besonders hilfreich auch bei schwierigen Situationen, z.B. bei Late Preterm Kindern, hypotonen Kindern, oralen Besonderheiten, verändertem Saugverhalten...

Intuitives Stillen senkt deutlich das Risiko für Wunde Mamillen in den ersten Tagen, wie in der Zwischenzeit auch durch Studien nachgewiesen werden konnte.
Lesen Sie dazu unseren Artikel in der Rubrik "Neues aus der Forschung":

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    Intuitives Stillen im Hautkontakt – Baby liegt längs, parallel zur Mutter © A. Bier
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    Intuitives Stillen im Alltag – Baby liegt schräg auf der Mutter © A. Bier
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    Intuitives Stillen im Alltag – Baby liegt quer auf der Mutter © N. Groiss
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    Optimale Mundöffnung durch Aktivierung der kindlichen Reflexe © N. Groiss

Klassische Stillpositionen

Die typische Wiegehaltung, die man oft auf Plakaten oder in Zeitschriften als "normale Stillposition" sieht, ist für den Stillbeginn ungünstig. Sie führt häufiger zu wunden Mamillen und ist für unerfahrene Mutter-Kind-Paare die fehleranfälligste Position.

Deutlich günstiger sind die modizierte Wiegenhaltung oder "Frühchenhaltung" und die Rückenhaltung. Außerdem benötigen Frauen auch Anleitung zum Stillen im Liegen, das besonders für das nächtliche Stillen relevant ist (siehe dazu auch unsere Fachseite → Sicherer Babyschlaf).

Grundlagen für eine gute "klassische" Stillposition

  • Die Mutter sitzt oder liegt bequem. Kissen in verschiedenen Größen oder Stillkissen können in den ersten Wochen gute Unterstützung bieten, um Stillpositionen und Anlegetechnik gut zu erlernen.
  • Arme und Rücken der Mutter werden bedarfsgerecht gestützt, der Schultergürtel bleibt frei beweglich.
  • Der Körper des Babys ist im engen Kontakt mit der Mutter und ihr voll zugewandt ("Bauch an Bauch"). Sein Körper befindet sich in einer gerundeten Haltung (Beugung in Hüfte und Knien), die Hände sind nahe der Brust oder an der Brust.
  • Die Mutter führt das Baby über den Rücken und Schultergürtel, der Kopf des Babys bleibt frei beweglich. Das Baby wird mit der Zeit den Mund weit öffnen und die Brust selbst erfassen. Manchmal geht das rasch, manchmal benötigt das Baby etwas Zeit dafür.
  • Durch nahes Heranziehen des Schultergürtels entsteht automatisch ein leichtes Zurückneigen des Kopfes beim Baby, so dass der Unterkiefer zuerst die Brust erfassen kann. So kann das Kind viel Brustgewebe erfassen, um effektiv Milch entleeren zu können und die Mamille nicht zu verletzen.
  • Die Mamille liegt tief im Mund des Kindes, die Lippen des Kindes sind ausgestülpt und der Kiefer weit geöffnet. Kinn und Nase berühren die Brust.
  • Sollte die Mutter nach dem Andocken das Gefühl haben, dass das Kind zu wenig Luft bekommt, zieht sie Po und Schultergürtel des Babys näher zu sich heran, so dass der Kopf des Babys sich etwas weiter nach hinten neigt.

Ergänzende Hinweise zur Unterstützung und zum Erfassen der Brust

  • Eine kurze Brustmassage/ Oxytocinmassage unterstützt in den ersten Tagen den Milchfluss (s. dazu auch unsere Fachseite → Brustmassage). Intensiver Hautkontakt mit dem Baby unterstützt die Oxytocinausschüttung.
  • Sollte das Baby noch mehr Unterstützung benötigen, kann die Mutter mit der Mamille die Oberlippe des Kindes stimulieren. Die Mamille zeigt in Richtung des Oberkiefers/ der Nase des Babys. Die Mutter wartet, bis das Baby den Mund weit öffnet (Geduld haben!) und, zieht das Kind über die Führung am Schultergürtel nahe zu sich heran.
  • Die Brust wird bei Bedarf geformt ("Burger", "Big Mac" oder "Sandwich"), z.B. bei großen Brüsten. Dabei hält die Mutter ihre Brust im C-Griff: vier Finger liegen unter der Brust, der Daumen oberhalb. Es ist wichtig mit der Hand reichlich Abstand zur Areola halten, damit das Kind viel Brustgewebe erfassen kann.
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    Modifizierte Wiegenhaltung/ Frühchenhaltung © A. Bier
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    Rückenhaltung © A. Bier
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Stillen im Liegen © A. Bier

Zum STILLEN IM LIEGEN benötigen viele Frauen zu Beginn etwas Übung. Es ist empfehlenswert, die Position immer wieder am Tag auszuprobieren, so dass sie schließlich auch nachts gut funktioniert.
Gemeinsames Schlafen von Mutter und Kind fördert das Stillen und kann durch umsichtige Planung des Schlafplatzes sicher gestaltet werden (s. Fachseite → Sicherer Babyschlaf).

  • Die Schulter der Mutter liegt auf der Matratze, ihr Kopf ist durch ausreichend Kissen bequem gestützt.
  • Das Baby liegt in direktem, engen Kontakt Bauch-an-Bauch und hat KEINE Stütze/Rolle o.ä. im Rücken, sondern wird nur durch die Hand der Mutter gehalten. Wenn Mutter und Kind eingeschlafen sind, wird das Baby von selbst auf den Rücken rollen.
  • Falls die Höhe der Mamille und des Baby-Munds nicht gut zueinander passen, kann die Brust z.B. durch ein gefaltetes Tuch unterlagert werden oder das Kind kann auf einer festen Unterlage (zusammengefaltetes Handtuch o.ä.) erhöht gelagert werden.
  • Es kann günstig sein, wenn die Mutter ihre Hüfte etwas nach hinten verlagert (leichtes "Hohlkreuz"), so dass das Baby vorne mehr Platz am Bauch der Mutter erhält.

Besondere Stillsituationen

Kinder mit einem schlaffen Muskeltonuns, unzureichender Zungenbeweglichkeit, Saugschwäche, Herzfehler oder Gaumenspalten können beim Stillen durch den sogenannten DanCerHold (entwickelt von Sarah Coulter Danner und Prof. Edwards R. Cerutti) unterstützt werden.

Diese Positionierung ermöglicht es dem Baby, den Kopf, das Kinn und den Kiefer in der richtigen Lage zu halten, damit es seine Kräfte auf das Saugen konzentrieren und die Milch besser in den Mund fließen kann.
Dabei sitzt der Säugling im "Hoppe-Reiter-Sitz" auf dem Schoß der Mutter. Die Brust wird von unten im C-Griff gehalten, der freie Zeigefinger bildet mit dem Daumen ein “U“. Der untere Teil der Hand stützt das Kinn des saugenden Babys (das Kinn liegt auf der Verbindung zwischen Zeigefinger und Daumen auf), Daumen und Zeigefinger liegen seitlich an den Wangen auf und stützen diese.

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    DanCerHold: Baby im Hoppe-Reiter-Sitz © R. Grill
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    Die Finger unterstützen die Wangen des Babys © R. Grill

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